Frugalisten möchten während ihres Erwerbslebens so viel Geld ansparen oder investieren, dass sie von den Erträgen leben können und dies im Idealfall früher als es ihnen der gesetzliche Renteneintritt ermöglichen würde. Doch wie viel Geld braucht man als Frugalist wirklich?
Was wollen Frugalisten?
Frugalisten streben die finanzielle Freiheit an: Sie möchten genug Geld haben, um nicht mehr arbeiten gehen zu müssen. Der Lebensunterhalt soll aus Ersparnissen und Kapitalerträgen bestritten werden. Dafür leben Frugalisten oft sparsam und investieren oder sparen während ihres Erwerbslebens einen Großteil des Einkommens – manchmal bis zu 70 oder 80 % ihrer Einnahmen.
Viele Frugalisten eignen sich einen Lebensstil an, den sie zeitlebens beibehalten möchten, um so relativ gut voraussehen zu können, wie viel Geld sie auf Dauer benötigen.
Wie viel Geld brauchen Frugalisten?
Wie hoch der angesparte oder investierte Betrag sein muss, ist ganz individuell. Von manchen Experten wird der runde Betrag von einer Million Euro genannt, andere setzen ihr Ziel höher oder niedriger an.
Tatsächlich hängt die anzusparende Summe von vielen persönlichen Faktoren ab, sodass ein Pauschalbetrag dem Ganzen nicht gerecht wird.
Diese Punkte haben Einfluss auf den benötigten Kapitalstock:
- Wie alt bin ich und wann möchte ich aufhören zu arbeiten?
- Welchen Lebensstil pflege ich? Wie viel Geld benötige ich im Monat?
- Mit welchen Ausgaben muss ich zukünftig rechnen? Bleibt meine Situation gleich oder ergeben sich voraussehbare Änderungen?
Persönliche Situation betrachten
Wer allein lebt, hat meist andere Ausgaben und Bedürfnisse als ein Paar oder eine Familie. Wenn weitere Personen in die Lebensplanung einbezogen werden müssen, kann sich der Kapitalbedarf dadurch ändern, das sollte also bedacht werden.
Auch die Wohnsituation selbst entscheidet, wie viel Geld ein Frugalist benötigt: Wohne ich in einem Mietshaus oder einer Mietswohnung oder habe ich Eigentum erworben? Hier sind unterschiedliche Kosten und Kostensteigerungen anzusetzen. Viele Frugalisten bevorzugen die Flexibilität der Miete, andere setzen auf Eigentum als Sicherheit.
Einige Frugalisten haben aber gar keinen festen Wohnsitz (in Deutschland) und leben als digitale Nomaden oder sind ausgewandert. Auch hieraus ergeben sich unterschiedliche Konsequenzen auf die finanzielle Situation.
All das sollten angehende Frugalisten überdenken, wenn sie den Kapitalbedarf ermitteln möchten.
Persönliche Ziele definieren
Manche Frugalisten schränken sich extrem ein, kaufen beispielsweise immer die günstigsten Lebensmittel, machen weder Reisen noch Urlaube und haben keine Hobbys, die Geld kosten. Einige kommen mit einem sehr reduzierten Lebensstil auf Dauer klar, andere geben ihn nach einiger Zeit auf und benötigen dann mehr Geld zum Leben.
- Wie viel Geld benötige ich im Monat durchschnittlich, um alle Ausgaben bezahlen zu können? Dazu gehören Wohnen, Essen, Versicherungen, Mobilität, Kultur, Soziales (z. B. Geschenke) …
- Ab wann möchte ich nicht mehr arbeiten, d. h. wie lange muss das Geld bei einer durchschnittlichen Lebenserwartung von ”X Jahren” reichen?
Und schließlich muss das Geld dann noch angespart werden.
Kapitalbedarf ermitteln
Sind die Kosten und Ausgaben – auch für die Zukunft – klar definiert, kann daraus ermittelt werden, wie viel Geld zur Verfügung stehen muss, damit keine weiteren Einnahmen durch Erwerbstätigkeit mehr generiert werden müssen. Bei der Ermittlung hilft oft ein sorgfältig geführtes Haushaltsbuch.
Typischerweise wird vom 25-fachen der jährlichen Ausgaben ausgegangen. Das basiert auf der 4-Prozent-Regel – aber woher kommt dieser Faktor?
Rechenstrategie: 4-Prozent-Regel
Oft hört man von der ”4-Prozent-Regel”, wenn es um Entnahmestrategien und ausreichendes Einkommen geht. Diese Regel basiert auf der amerikanischen Trinity-Studie, die einen Zeitraum von 30 Jahren betrachtet und bei der Professoren geprüft haben, wie viel Kapital vorhanden sein muss, um über 30 Jahre hinweg nicht pleite zu gehen. Das Ergebnis war, dass pro Jahr 4 % entnommen werden können, damit das Geld 30 Jahre lang reicht.
Umgekehrt bedeutet das: Ist das 25-fache des jährlichen Kapitalbedarfs angespart (4 % sind nämlich 1/25), reicht das Geld für 30 Jahre.
Rechenbeispiel: Kapitalbedarf
Angenommen, Familie Meyer-Müller, bestehend aus Eltern und zwei kleinen Kindern, hat monatlich diese Ausgaben:
Posten | Betrag |
---|---|
Wohnen Miete, Nebenkosten, Strom, Reparaturen / Neuanschaffungen | 1.000 Euro |
Ernährung Lebensmittel, Getränke, Schulmensa, Kantine, Restaurants, etc | 400 Euro |
Bekleidung und Schuhe | 200 Euro |
Versicherungen Krankenversicherung, private Haftpflichtversicherung, Kfz-Versicherung, Hausratversicherung, etc. | 800 Euro |
Mobilität Monatskarte für den ÖPNV, Auto, Stellplatz | 200 Euro |
Internet & Mobilfunk | 75 Euro |
Freizeit, Kultur & Gesundheit Hobbys, Eintritte, Friseur, etc. | 125 Euro |
Reisen & Urlaub | 150 Euro |
Summe | 2950 Euro |
Die Kinder werden älter, benötigen im Teenageralter und während Ausbildung oder Studium möglicherweise mehr Geld, werden dann aber von den Eltern unabhängig und müssen nicht mehr finanziert werden. Die Mietswohnung mit aktuell vier Zimmern ist aber auf Dauer trotzdem für das Elternpaar geeignet, eventuell gibt es Mietsteigerungen, aber um einen barrierefreien Umbau würde sich der Vermieter kümmern. Die Versicherungen ändern sich möglicherweise: Kinder scheiden aus der Familienversicherung aus, als Privatier muss aber eine Krankenversicherung unabhängig vom Arbeitgeber gewählt und direkt selbst bezahlt werden …
Insgesamt rechnen die Eltern damit, in der Zukunft etwas weniger auszugeben als aktuell, kalkulieren aber trotzdem mit dem gleichen Betrag, um mehr Sicherheit zu haben.
Das bedeutet:
Aktuelle monatliche Ausgaben * 12 Monate * 25
2950 Euro * 12 * 25 = 885.000 Euro
Familie Meyer-Müller würden also 885.000 Euro ansparen und investieren müssen, damit die Eltern 30 Jahre davon leben können. Je nachdem, wann Herr und Frau Meyer-Müller in den Ruhestand gehen möchten und mit welcher Lebenserwartung sie rechnen, können sie diesen Betrag anpassen.
Kritik an der 4-Prozent-Regel
An der 4-Prozent-Entnahmeregel gibt es aber auch Kritik: Zum einen muss das Geld bei Frugalisten möglicherweise länger als 30 Jahre reichen. Schließlich wollen sie früher in Rente als regulär und können darüber hinaus natürlich nicht exakt sagen, wie lange das Geld reichen muss.
Auch ist nicht ganz klar, wie sich die Märkte verhalten und wie die Inflation ausfällt. Außerdem wurden bei der Trinity-Studie keine Steuern berücksichtigt, die auf Kapitalerträge gezahlt werden müssen.
Gleichzeitig bedeutet ein angesparter Betrag von ”Jahresausgaben * 25” nicht, dass dieser Betrag immer gleich niedrig (oder hoch) bleiben muss und dass es niemals weiteres Einkommen gibt.
Viele Frugalisten setzen auf
- Dividendenaktien, sodass auch Ausschüttungen und Dividendensteigerungen sich positiv auswirken,
- passives Einkommen oder zusätzliches Einkommen (z. B. durch Nebenjobs, steuerfreie Aufwandsentschädigungen, reguläre Rentenzahlungen, Mieteinnahmen), sodass nicht der komplette Bedarf durch das Kapital gedeckt werden muss.
Ihnen ist es also wichtig, Strategien zu finden, mit denen sich das Kapital in 30 Jahren nicht selbst auffrisst, weil sie die Aktien, Immobilien, etc. gar nicht verkaufen möchten.
Dieser Beitrag in Kürze
Viele Frugalisten sparen ihr Geld so an, dass sie jährlich 4 % entnehmen können. Diese Faustformel sorgt dafür, dass sie sich abgesichert fühlen. Gleichzeitig arbeiten Frugalisten oft aber auch daran, in ihrer Privatierszeit Einkommen zu erhalten, für das sie nicht aktiv arbeiten müssen, sodass sie auch dann von ihrem Kapital leben können, wenn es unter Schwankungen leidet.