Waren oder Dienstleistungen per Lastschrift zahlen – das ist in Deutschland fast genauso beliebt wie der Kauf auf Rechnung. Außerdem verlangen viele Firmen für den Abschluss bestimmter Verträge ohnehin eine Einzugsermächtigung. Dennoch ist die Zahlungsart für den Kunden bequem. Schließlich muss er sich lediglich darum kümmern, dass sein Konto zum vereinbarten Abbuchungstermin gedeckt ist. Doch was passiert, wenn sein Gegenüber sich mit der Abbuchung Zeit lässt? Wie lange muss die Kontodeckung bei vereinbarten Lastschriften bereitgehalten werden und kann die Zahlungspflicht ganz entfallen, wenn ein Abbuchungsversuch verspätet vorgenommen wird? Diese Fragen rund um die Lastschrift klären wir in diesem Artikel.
So funktionieren SEPA-Lastschriften
Die Abkürzung „SEPA“ bedeutet soviel wie „Single Euro Payments Area“ und meint übersetzt einen „einheitlichen Euro-Zahlungsverkehrsraum“. Innerhalb Deutschlands werden heute ausschließlich SEPA-Lastschriften vorgenommen, die immer die gleichen Voraussetzungen haben:
Wichtigste Voraussetzung der Lastschrift ist, dass der Kunde, von dessen Konto ein bestimmter Betrag im SEPA-Verfahren abgebucht werden soll, eine doppelte Erklärung abgegeben hat. Durch das SEPA-Mandat muss der Verbraucher seinen Vertragspartner schriftlich zum Einzug eines bestimmten Betrages ermächtigen. Außerdem muss er seiner Bank durch die Ermächtigung gleichzeitig die Genehmigung erteilen, eine Abbuchung von seinem Konto zuzulassen.
Oft wird im Rahmen des Vertragsschlusses außerdem festgelegt, dass die Abbuchung des geschuldeten Betrags zu einem bestimmten Termin (etwa zum 01. oder 15. eines Monats) erfolgen soll. Damit es nicht zu einer (kostenpflichtigen) Rücklastschrift kommt und der Vertragspartner sein Geld wie vereinbart erhält, muss der Kontoinhaber darauf achten, zum vereinbarten Termin eine entsprechende Kontodeckung vorweisen zu können.
Was, wenn die Abbuchung nicht zum vereinbarten Termin erfolgt?
Hat der Gläubiger eine offene Forderung und darf den entsprechenden Geldbetrag zu einem bestimmten Termin vom Schuldner-Konto einziehen, nimmt er diese Möglichkeit in den allermeisten Fällen auch wahr. Denkbar ist es aber auch, dass der Gläubiger trotz passender Kontodeckung zum vereinbarten Termin gerade keinen Gebrauch von seiner Einzugsermächtigung macht.
Tritt dieser Fall ein, nimmt die überwiegende Zahl der Schuldner an, weiterhin gesetzlich zur Zahlung verpflichtet zu sein und eine passende Kontodeckung vorhalten zu müssen, bis der Gläubiger das Geld endlich abbucht. Juristisch betrachtet ist der Fall allerdings weniger eindeutig. Denkbar ist es nämlich, dass der Schuldner durch die Nichtabbuchung zum vereinbarten Termin von seiner Zahlungspflicht frei wird.
Keine Zahlungspflicht wegen verspäteter Abbuchung?
Die Frage danach, was genau passiert, wenn der Gläubiger eine für einen bestimmten Termin vereinbarte Abbuchung trotz Kontodeckung nicht rechtzeitig durchführt, ist auch unter Juristen nicht abschließend geklärt. Allerdings gibt es – neben einer herrschenden Meinung zu diesem Thema – bereits einige aussagekräftige gerichtliche Entscheidungen.
Außerdem besteht weitestgehend Einigkeit darüber, dass den Gläubiger, der eine Einzugsermächtigung vom Schuldner erhalten hat, eine sogenannte Holschuld trifft. Das bedeutet, dass der Gläubiger dazu verpflichtet ist, die Leistung selbst bei seinem Schuldner abholen. Tut er das nicht rechtzeitig, kann er gemäß § 300 BGB in Gläubigerverzug geraten.
Im Falle einer vereinbarten Lastschrift könnte das bedeuten: Bucht der Gläubiger den vom Schuldner in Form eines Guthabens (oder eines entsprechenden Verfügungsrahmens) bereit gehaltenen Geldbetrag nicht zum vereinbarten Termin ab, gerät er in Gläubigerverzug gemäß § 300 BGB.
Das bedeutet Gläubigerverzug
Konsequenz des Gläubigerverzugs wiederum ist es, dass der Gläubiger ab Verzugseintritt die Leistungsgefahr zu tragen hat. Das bedeutet: Der Schuldner genießt ein Haftungsprivileg und wird dann von seiner Leistungspflicht (der Zahlung) frei, wenn der Leistungsgegenstand (hier: das Bankguthaben) aufgrund leichter Fahrlässigkeit oder zufällig untergeht.
Zufälliger Untergang durch Verfügung über das Bankguthaben?
Wie schon gesehen, kann der Schuldner von seiner Leistungspflicht frei werden, wenn der Leistungsgegenstand untergeht, während sich der Gläubiger in Gläubigerverzug befindet.
Hierzu ein Beispiel:
Der Schuldner ist dazu verpflichtet, dem Gläubiger eine Glasmurmel zu übergeben. Zum vereinbarten Abholtermin kommt der Gläubiger jedoch nicht – hierdurch befindet er sich in Gläubigerverzug. Während der Schuldner auf dem Balkon wartet und nach dem Gläubiger Ausschau hält, lässt er die Murmel leicht fahrlässig fallen. Sie stürzt vom Balkon und zerspringt in 1.000 Stücke.
Hier ist der Leistungsgegenstand (Murmel) durch leichte Fahrlässigkeit des Schuldners untergegangen, während sich der Gläubiger in Verzug mit der Annahme befand. Der Schuldner ist darum nicht mehr dazu verpflichtet, dem Gläubiger eine Murmel zu übergeben. Ab Verzugseintritt hatte nämlich der Gläubiger die Leistungsgefahr zu tragen.
Überträgt man das Beispiel auf den Fall der verspäteten Lastschrifteinlösung, könnte der Schuldner auch in diesem Fall von seiner Leistungspflicht frei werden. Das würde zumindest dann gelten, wenn der Umstand, dass der Schuldner nach dem vereinbarten Lastschrifttermin über sein Kontoguthaben verfügt und dieses ausgegeben hat, einen Fall der leichten Fahrlässigkeit darstellt. Ob das jedoch der Fall ist, ist in der juristischen Literatur und der Rechtsprechung nicht abschließend geklärt.
Die Vereinbarung zwischen Gläubiger und Schuldner zählt
Wie schon gesehen ist die Frage danach, ob der Schuldner bei nicht erfolgtem Bankeinzug durch den Schuldner frei über sein Kontoguthaben verfügen darf, nicht abschließend geklärt. Allerdings scheint es möglich, dass er nach einer Verfügung über das Guthaben von seiner Zahlungspflicht befreit sein könnte, wenn eine spätere Abbuchung mangels Kontodeckung nicht durchführbarer ist.
Das OLG Düsseldorf (Urteil v. 13.10.1988 – 10 U 37/88) beispielsweise nimmt an, dass bei nicht rechtzeitiger Einlösung einer Abbuchungsermächtigung und einer später mangels Kontodeckung nicht durchführbarer Einziehung, das gelten solle, was Gläubiger und Schuldner für diesen Fall vereinbart haben.
Haben beide Parteien jedoch keine eindeutige Vereinbarung getroffen, soll aufgrund der Interessenlage beider davon auszugehen sein, dass – sofern eine ausreichend Kontodeckung zum Fälligkeitszeitpunkt auf dem Konto vorhanden war – der Schuldner von seiner Leistungspflicht frei wird, falls eine Abbuchung zu einem späteren Zeitpunkt nicht durchgeführt werden kann.
Dem lässt sich entnehmen: Hat der Gläubiger die Möglichkeit, einen vereinbarten Betrag vom Konto des Schuldners einzuziehen, nimmt diese aber nicht wahr, ist der Schuldner nicht dazu verpflichtet, das Kontoguthaben zeitlich unbegrenzt für den Gläubiger bereitzuhalten. Gibt er das Geld nach einiger Zeit aus und hat kein Guthaben mehr auf dem Konto, wird er nach Auffassung des OLG Düsseldorf von seiner Zahlungspflicht frei.