Die Unterscheidung der Begriffe „Reklamation“, „Rücktritt“ und „Umtausch“ fällt vielen Verbrauchern nicht leicht. Allerdings beschreiben die drei Begriffe grundverschiedene geschäftliche Vorgänge. Um die eigenen Rechte, gerade dann, wenn die erstandene Ware fehlerhaft ist, genau zu verstehen, ist eine Unterscheidung der Begriffe aber besonders wichtig.
Wir zeigen, was sich hinter dem Begriff „Reklamation“ eigentlich verbirgt, wann Käufer reklamieren dürfen und was es zu beachten gilt.
- Eine Reklamation ist immer dann möglich, wenn die gekaufte Ware bei ihrer Übergabe einen Mangel aufweist.
- Das Recht, Austausch oder Reparatur mangelhafter Waren zu verlangen, ist gesetzlich normiert und kann vom Händler nicht ausgeschlossen werden.
- Das Recht, auch mangelfreie Waren umzutauschen, kann vom Verkäufer freiwillig gewährt werden – hierauf besteht jedoch kein rechtlicher Anspruch.
- Ein Rücktritt vom Vertrag ist erst dann möglich, wenn bereits erfolglos reklamiert wurde.
Ausgangspunkt: der Kaufvertrag
Ganz gleich, ob eine Ware später reklamiert oder umgetauscht werden soll – zuerst muss einmal ein Vertrag über ihren Kauf geschlossen werden. Hierfür ist keinesfalls stets eine schriftliche Vereinbarung notwendig und so schließen wir jeden Tag ganz selbstverständlich Kaufverträge ab. Das passiert etwa dann, wenn wir morgens ein Brötchen beim Bäcker, eine Zeitung am Kiosk oder Kleidung im Online-Shop kaufen.
Darum liegt immer dann, wenn wir uns mit einer anderen Person über den Austausch von Waren gegen Geld einigen, ein Kaufvertrag im Sinne der §§ 433 ff. BGB vor. Die wesentlichen Pflichten, die sich aus diesem Kaufvertrag ergeben, sind gesetzlich festgelegt und umfassen insbesondere:
- die Pflicht des Käufers, den Kaufpreis zu bezahlen sowie die Ware abzunehmen und
- die Pflicht des Verkäufers, eine mangelfreie Ware zu übergeben und dem Käufer das Eigentum an dieser zu übertragen.
Kommt eine Partei ihren Verpflichtungen aus dem Kaufvertrag nicht nach, gibt das Gesetz der anderen Vertragspartei die Möglichkeit (bzw. einen Anspruch darauf), die Erfüllung der Vertragspflicht einzufordern – und genau hierum geht es auch, wenn von „Reklamation“ die Rede ist.
Reklamation nur bei mangelhafter Ware
Wie bereits erklärt, hat der Verkäufer die Pflicht, eine mangelfreie Ware zu übergeben. Kommt er dieser Verpflichtung nicht nach, stehen dem Käufer die gesetzlichen Gewährleistungsrechte zur Seite, um doch noch eine mangelfreie Sache zu erhalten – er kann also reklamieren.
Gesetzlicher Grundgedanke ist hier, dass der geschlossene Kaufvertrag prinzipiell bestehen bleiben soll. Selbstverständlich muss der Kunde sich zu diesem Zweck aber nicht mit einer defekten bzw. mangelhaften Kaufsache zufriedengeben. Vielmehr kann er gemäß §§ 437 Nr. 1, 439 BGB Reparatur oder Austausch der mangelbehafteten Sache verlangen.
Wann genau die Ware mangelhaft ist, bestimmt dabei § 434 BGB. Dieser legt fest, dass ein Mangel immer dann vorliegt, wenn…
- der Zustand der Ware zum Übergabezeitpunkt von der vereinbarten Beschaffenheit abweicht.
- sich die Sache für die vertraglich vorausgesetzte Verwendungsart nicht eignet.
- die Sache nicht die übliche Beschaffenheit aufweist.
Werbeversprechen: Zu Beschaffenheit zählen auch Eigenschaften, die der Kunde aufgrund öffentlicher Werbeaussagen erwarten darf. Wird also eine Ware als „extrem wasserdicht“ beworben, muss sie tatsächlich auch wasserdicht sein – anderenfalls ist die Ware mangelhaft.
Ist die erstandene Ware mangelhaft, kann sie dementsprechend reklamiert werden. Praktisch bedeutet das: es kann Reparatur oder Austausch gegen eine mangelfreie Ware verlangt werden. Unerheblich ist hierfür, ob die Ware reduziert, vom Umtausch ausgeschlossen, online oder im Einzelhandel erstanden worden ist, und um was für eine Produkt es sich handelt. Schließlich gilt die Verpflichtung, mangelfrei zu liefern, immer und für alle Arten von Neuwaren.
Wichtig: Mangelhaftigkeit zum Kaufzeitpunkt
Allerdings stehen diese Gewährleistungsrechte dem Kunden nur dann zu, wenn der Mangel bereits zum Kaufzeitpunkt bzw. bei Übergabe der Kaufsache vorlag. Ausreichend ist hier jedoch das Vorhandensein des Mangels zum Übergabezeitpunkt – auch wenn dieser sich tatsächlich erst später bemerkbar macht.
Ein Beispiel: Die neue Hose ist von Anfang an schlecht vernäht, sodass ihre Nähte schon nach kurzer Zeit reißen.
Umtausch vs. Reklamation
Wie gesagt, kann der Kunde dann, wenn er eine fehlerhafte Ware erhalten hat, Reparatur der Sache oder ihren Austausch gegen eine mangelfreie Ware verlangen. Das Gesetz bezeichnet diesen Austausch auch als „Nacherfüllung“.
Oftmals wird der Austausch einer defekten gegen eine fehlerfreie Ware jedoch mit dem durch viele Händler freiwillig eingeräumten Umtauschrecht verwechselt. Hier gibt es jedoch entscheidende Unterschiede.
Da das Gesetz an dem Grundsatz, dass Verträge stets zu erfüllen sind, festhält, besteht grundsätzlich kein Rechtsanspruch darauf, eine mangelfreie Ware bei Nichtgefallen umtauschen zu dürfen. Nimmt der Verkäufer dennoch auch fehlerfreie Waren für einen bestimmten Zeitraum zurück, tut er dies freiwillig und allein aus Kulanz.
Entscheidet sich der Händler dazu, seinem Kunden ein 14-tägiges Umtauschrecht einzuräumen, ist er später zwar an dieses Versprechen gebunden, kann aber die Konditionen des Umtauschrechts für fehlerfreie Waren selbst gestalten. So steht es ihm beispielsweise frei, bestimmte Waren vom Umtauschrecht auszuschließen oder einen Umtausch nur gegen einen Gutschein zu erlauben.
Ganz anders sieht es jedoch mit der berechtigten Reklamation wegen Mangelhaftigkeit der Ware aus. Anders als ein freiwilliges Umtauschrecht, ist das Recht, Waren bei Mangelhaftigkeit reklamieren zu können, nämlich gesetzlich vorgeschrieben. Entsprechend kann der Händler das Reklamationsrecht nicht eigenmächtig beschränken oder für bestimmte Waren ausschließen.
Für den Käufer bedeutet das: Ist die Ware mangelhaft, kann sie reklamiert werden. Ganz egal, ob sie zuvor vom Umtausch ausgeschlossen war oder nicht.
2. Wahl: Anders sieht es nur dann aus, wenn der Verkäufer ausdrücklich auf die Fehlerhaftigkeit der Ware (2. Wahl, Mängelexemplar etc.) hingewiesen hatte. In diesem Fall ist eine Reklamation aufgrund des „Schönheitsfehlers“ natürlich ausgeschlossen.
Verjährung des Reklamationsrechts
Auch die zeitlichen Aspekte des gesetzlichen Reklamationsrechts (bzw. der gesetzlichen Mängelansprüche) unterscheiden sich ganz erheblich von jenen im Fall eines freiwillig eingeräumten Umtauschrechts.
Wie zuvor schon gezeigt, kann der Händler ein freiwillig gewährtes Umtauschrecht selbst ausgestalten und es zeitlich beispielsweise auf 2 Wochen begrenzen. Anders sieht es jedoch mit dem gesetzlichen Reklamationsrecht aus.
Schließlich beträgt die gesetzliche Gewährleistungsfrist grundsätzlich zwei Jahre und kann nicht eigenmächtig durch den Händler verkürzt werden. Zu beachten ist allerdings, dass es sich bei dem gesetzlich eingeräumten Reklamationsrecht nicht um eine Haltbarkeitsgarantie handelt. Schließlich muss der Händler nur für Fehler einstehen, die der Ware schon bei der Übergabe anhafteten.
Rücktritt vom Vertrag statt Reklamation?

§ 355 BGB regelt das Widerrufsrecht bei Verbraucherverträgen
Weit verbreitet ist auch die Vorstellung, man könne Verträge dann, wenn es mit Umtausch oder Reklamation nicht klappt, innerhalb eines bestimmten Zeitraums einfach rückgängig machen – also einfach von ihnen zurücktreten und den Kaufpreis erstattet bekommen.
Das stimmt jedoch so nicht. Schließlich gilt auch hier das Prinzip, dass Verträge grundsätzlich einzuhalten sind. Erst dann, wenn der Verkäufer Austausch oder Reparatur einer mangelhaften Sache verweigert oder bereits zwei Reparaturversuche erfolglos geblieben sind, sieht das Gesetz die Möglichkeit vor, vom Vertrag zurückzutreten.
Erst dann ist die Möglichkeit, den Vertrag rückgängig zu machen und Rückzahlung des Kaufpreises zu verlangen, rechtlich gegeben. Allerdings ist auch hier die Mangelhaftigkeit der Ware Voraussetzung, sodass ein Rücktritt vom Vertrag bei Nichtgefallen nicht möglich ist.
Ausnahmen von diesem Grundsatz bestehen allein dann, wenn Waren an der Haustür gekauft oder im Versandhandel sowie in Online-Shops bestellt werden (Stichwort: Fernabsatzgesetz). Allerdings gilt auch in diesen besonderen Fällen kein Rücktritts- sondern ein sogenanntes Widerrufsrecht. Dieses ermöglicht es dem Kunden, sich innerhalb von 14 Tagen vom Kaufvertrag zu lösen. Und das selbst dann, wenn die bestellte oder an der Haustür erstandene Ware einwandfrei sein sollte.
Video: Wissenswertes zum Thema Umtausch
Im folgenden Video werden die hier besprochenen Themen noch einmal anschaulich zusammengefasst.
Hallo,
am 08.04.2021 haben wir online einen (Holz-) Schrank bestellt. Nach Anlieferung am 04.05. stellten wir beim Auspacken der Einzelteile fest, dass eine Seitenwand beschädigt ist und reklamierten dies. Uns wurde eine Ersatzlieferung der Seitenwand in der 21./22 KW (=letze Mai/erste Juni-Woche) zugesagt. Auf Nachfrage in der 23. KW (10.06) erhielten wir diese dann am 25.06 (= über 7(!) Wochen nach Reklamation). Leider war auch diese beschädigt und unbrauchbar (Längsriss). Also erneute Reklamation mit Bitte um zeitnahe Lösung und dem Hinweis – falls dies nicht möglich ist – dass wir uns den Rücktritt vom Kaufvertrag vorbehalten.
Die zweite Ersatzlieferung wurde für die erste Augustwoche angekündigt, was wir stillschweigend akzeptiert haben.
Heute (19.08) haben wir endlich die Ersatzlieferung erhalten, aber in der falschen Farbe: Wir hatten den Schrank in grau bestellt und geliefert bekommen, die Ersatz-Seitenwand ist aber in schwarz/anthrazit.
Wir sind nicht bereit, erneut mehrere Wochen auf eine weitere Ersatzlieferung zu warten und würden nun erneut reklamieren.
Damit verbunden eine Frist von 14 Tagen für die Ersatzlieferung setzen, mit Ankündigung, bei Nichteinhaltung der Frist vom Kaufvertrag gegen Erstattung des vollen Kaufpreises zurücktreten.
Gegebenenfalls sind wir auch mit einer Minderung des Kaufpreises einverstanden (was aber eigentlich nicht unser Bestreben ist; wir wollen einen einwandfreien Schrank), aber dazu gab es bisher keinen Vorschlag.
Wie ist hier die Rechtslage?
Ist nach zweimaliger „Nachbesserung“ ein Rücktritt vom Kaufvertrag möglich?
Ist eine Fristsetzung von 14 Tagen ausreichend?
Wenn ja, wie sieht es mit der Verpackung aus? Kann der Verkäufer auf die Originalverpackung bestehen?
Der Verkäufer wies in einer Mail darauf hin, dass bei Wideruf/Stornierung der Schrank wieder in der Originalverpackung ordnungsgemäß verpackt werden muss. Die erste Lieferung des Schranks erfolgte in mehreren Einzelteilen, die jeweils kartoniert (neutral, braune Pappe, also keine designte Umverpackung mit Produktabbildungen/keine „Primärverpackung, sondern lediglich Transprotverpackung) verpackt waren. Die Kartonierung war verklebt, so dass ein Öffnen ohne Beschädigung der Umverpackung überhaupt nicht möglich war. Deshalb und nach Akzeptanz der ersten Reklamation haben wir die Kartons entsorgt. Ich halte es auch nicht für zumutbar, diese mehrere Monate aufbewahren zu müssen.
Muss ich mich um die transportsichere Verpackung des Schranks kümmern oder ist dies in diesem Fall nicht Sache des Verkäufers?
Wenn Sache des Käufers – wer trägt die Kosten für Versand und Verpackung?
Die Einzelteile für einen Rückversand tranportsicher zu verpacken, stelle ich mir aufwendig bzw. kaum möglich vor, da wir dazu nicht das nötige Transport-/Verpackungsmaterial haben, das wegen der Maße (z.B einer Schranktür) sicher auch keine Stangenware ist, die man im Baumarkt um die Ecke erhält.
Falls ich zur Durchsetzung des Kaufrücktritts einen Anwalt/eine Anwältin hinzuziehen muss – wer trägt die Anwaltskosten? Kann ich diese dem Verkäufer in Rechnung stellen oder muss ich diese – auch im Erfolgsfall – selbst tragen?
Viele Fragen… Umso dankbarer bin ich, wenn ich dazu trotzdem eine Hilfestellung erhalte.
Beste Grüße
Alexandra
Hallo Alexandra,
eins vorweg: gerne beantworte ich Ihre Fragen nach bestem Wissen und Gewissen. Sie sollten aber vermutlich trotzdem besser mit einem Anwalt Kontakt aufnehmen, um die Einzelheiten zu besprechen.
Wenn es sich hier um Mängel handelt, ist das kein Widerruf vom Kaufvertrag an sich. Das bedeutet, dass es vermutlich nicht nötig ist, den Schrank in Originalverpackung zurückzusenden. Üblicherweise wird davon ausgegangen, dass nach zwei erfolglosen Nacherfüllungsversuchen das Recht zum Rücktritt besteht. Die Fristsetzung scheint dafür angemessen lang, damit der Verkäufer reagieren kann.
Bei einer Reklamation wegen Mängeln – die liegt hier ja vor – ist der Verkäufer zur Übernahme der Transportkosten bei Abholung verpflichtet. Ich denke, dass es sich mit der Verpackung gleich verhält. Das können Sie aus § 439 Absatz 2 BGB entnehmen.
Bezüglich der Anwaltskosten ist es durchaus möglich, dass der Verkäufer diese (zumindest anteilig) tragen muss. Dazu sollten Sie am besten die gesetzte Frist abwarten.
Freundliche Grüße
Carolin von Bezahlen.net
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