Können die monatlichen finanziellen Belastungen nicht mehr bewältigt und nicht alle offenen Rechnungen bezahlt werden, fürchten viele Verbraucher schnell eine Privatinsolvenz. Grund zur Sorge gibt dabei zwar nicht der Schuldenerlass am Ende des Verfahrens, sondern die diversen negativen Konsequenzen, die mit der Privatinsolvenz einhergehen.
In vielen Fällen ist ein Insolvenzverfahren jedoch verzichtbar. Das gilt selbst dann, wenn nicht alle offenen Forderungen beglichen werden können. Schließlich kann ein Schuldenvergleich auch außerhalb eines regulären Insolvenzverfahrens eine Lösungsmöglichkeit sein.
Was es bei der Erledigung von Zahlungsrückständen durch Vergleich zu beachten gilt und mit welchen Zahlungserleichterungen Verbraucher dabei rechnen können, zeigen wir hier.
Was ist ein Schuldenvergleich überhaupt?
Die Funktionsweise eines Insolvenzverfahrens ist den meisten Verbrauchern bekannt: Nachdem ein gewisser Teil des monatlichen Einkommens für eine bestimmte Zeit durch einen Insolvenzverwalter unter den Gläubigern aufgeteilt wurde, kommt dem Schuldner am Ende des Verfahrens eine Restschuldbefreiung zugute.
Allerdings ist das offizielle Insolvenzverfahren auch mit einigen bürokratischen Hürden und Unannehmlichkeiten für den Schuldner verbunden. Zusätzlich entstehen außerdem weitere Kosten durch das erforderliche Gerichtsverfahren – auch diese müssen (bzw. sollen) vom Schuldner getragen werden.
Wird das Verfahren dennoch durchlaufen und können beispielswiese innerhalb von drei Jahren 35 Prozent der Schulden an den Insolvenzverwalter bezahlt werden, lockt die Restschuldbefreiung.
Naheliegend erscheint es jedoch oft, den Gläubigern einen vergleichbar hohen Geldbetrag, wie den, den sie im Insolvenzverfahren erhalten würden, anzubieten und so das offizielle Verfahren zum Schuldenerlass zu vermeiden – und genau das ist mit dem Begriff des Schuldenvergleichs gemeint.
Wann ist ein Schuldenvergleich erfolgversprechend?
Obwohl ein Schuldenvergleich in der Praxis mit weniger bürokratischen Hürden verbunden ist als ein Insolvenzverfahren, gibt es auch hier einiges zu beachten. Insbesondere dann, wenn man sich die Interessenlage des Gläubigers einmal vor Augen führt, fällt auf, aus welchen Punkten sich Schwierigkeiten ergeben könnten:
Generell kommt es dem Gläubiger allein darauf an, die Gesamtheit seiner Forderung ausgeglichen zu bekommen – vielfach ist er hierauf sogar angewiesen. Aussichtsreich erscheint das für den Gläubiger insbesondere dann, wenn die Forderung gering und der Schuldner noch jung ist. In beiden Fällen ist davon auszugehen, dass der Schuldner den ausstehenden Betrag noch erwirtschaften wird.
Geht es hingehen um eine besonders hohe Schuld oder steht der Schuldner kurz vor der Rente, erscheint der Ausgleich der gesamten Forderung eher weniger wahrscheinlich. Obwohl es oft verwunderlich erscheint, ist darum die Wahrscheinlichkeit, mit einem prozentual geringeren Teilbetrag eine Vergleichseinigung zu erzielen, bei einer höheren Schuld oder fortgeschrittenem Lebensalter oftmals größer.
Nichtsdestotrotz ist ein Schuldenvergleich generell immer dann möglich, wenn der Schuldner die Zahlung der gesamten Schuld aus eigener finanzieller Kraft nicht mehr bewältigen kann. Schließlich ist die Möglichkeit, Schulden durch einen Vergleich zu erledigen, sogar gesetzlich und vor dem Eintritt in das Insolvenzverfahren ausdrücklich vorgesehen.
Juristisch als „Außergerichtlicher Einigungsversuch zur Schuldenbereinigung“ bezeichnet, steht der Versuch eines Vergleichs üblicherweise am Anfang eines jeden Insolvenzverfahrens und ist gesetzlich in § 305 Abs. 1 der Insolvenzordnung geregelt. Auch bei dem gesetzlich vorgesehenen Versuch der Schuldenbereinigung handelt es sich um nichts anderes als um einen Schuldenvergleich.
Gesetzlich ist also vorgeschrieben, dass eine Privatperson nur dann in das Insolvenzverfahren eintreten kann, wenn zunächst ernsthaft versucht wurde, sich mit den Gläubigern im Rahmen eines Schuldenvergleichs zu einigen.
Selbstverständlich ist eine Einigung mit dem Gläubiger im Rahmen eines Vergleichs aber auch dann möglich, wenn nicht beabsichtigt wird, ein Insolvenzverfahren einzuleiten. Eine Verpflichtung, im Falle des Scheiterns des Vergleichsversuchs eine Privatinsolvenz einzuleiten, besteht nämlich nicht.
Generell stehen die Chancen, dass Teilzahlungen im Rahmen eines Vergleichsangebots vom Gläubiger angenommen werden immer dann gut, wenn sie zur ausreichenden Reduzierung der Schuld beitragen. Lehnt der Gläubiger das Vergleichsangebot jedoch ab, steht es dem Schuldner frei, ein Insolvenzverfahren einzuleiten oder dem Gläubiger ein anderes, besseres Angebot vorzulegen.
Wie läuft der Schuldenvergleich genau ab und welche Arten gibt es?
Wie schon erwähnt, ist der außergerichtliche Vergleich eine Möglichkeit, um sich von einer Überschuldung zu befreien, ohne dass ein Gericht hierbei eingreifen müsste. Entsprechend wird er – wie auch ein Insolvenzverfahren – dann notwendig, wenn der Schuldner seine offenen Rechnungen nicht mehr bezahlen kann und zahlungsunfähig ist.
Tritt dieser Fall ein und möchte der Schuldner mit seinen Gläubigern (Privatpersonen, Firmen oder Institutionen) einen für alle Parteien vorteilhaften Rückzahlungsweg finden, können die Beteiligten die Bedingungen des Vergleichs prinzipiell frei aushandeln.
Es ist jedoch ratsam, gemeinsam mit einer fachkundigen Person – etwa einem Schuldenberater oder einem Rechtsanwalt – einen Schuldenbereinigungsplan zu erarbeiten, der für alle Gläubiger gleichermaßen gilt.
Hierbei wird ein vollständiges Verzeichnis aller Gläubiger und sämtlicher Schulden erarbeitet. Entsprechend der zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel kann nun eruiert werden, welche Summe monatlich abbezahlt und innerhalb welchen Zeitraums die Schuld getilgt werden kann.
Der Schuldenbereinigungsplan wird dabei allen Gläubigern vorgelegt. Stimmen diese dem Zahlungsplan zu, kommt ein Vergleich zustande, der in einem Vertrag festgehalten werden muss. Wird der Zahlungsplan dann auch eingehalten, ist die Schuld beglichen.
Wie der Entschuldungsplan dabei genau aussieht, kann zwischen den Parteien grundsätzlich frei ausgehandelt werden. Sowohl feste monatliche Rückzahlungsraten als auch flexible, einem schwankenden Monatseinkommen angepasste Rückzahlungsmodelle sind dabei denkbar. Auch das Angebot von Einmalzahlung an die Gläubiger ist durchaus möglich.
Welche Beträge muss der Schuldner für einen Vergleich aufbringen?
Sinn und Zweck eines Schuldenvergleichs ist es, die Gläubiger durch ein attraktives Teilzahlungsangebot zum Erlass eines gewissen Schuldenanteils zu bewegen – schließlich ist es dem Schuldner ja gerade finanziell nicht möglich, die Tilgung des gesamten Schuldenbetrages zu bewältigen.
Besonders wichtig ist es darum, den Gläubigern ein zwar attraktives Teilzahlungsangebot zu machen, den Schuldner gleichzeitig aber auch finanziell zu entlasten.
Welche Beträge genau erforderlich sind, um mit einem Vergleichsangebot erfolgreich zu sein, lässt sich pauschal nicht sagen. Erfahrene Schuldnerberater helfen im konkreten Einzelfall jedoch dabei, ein erfolgversprechendes, aber den Schuldner nicht überforderndes Vergleichsangebot zu erarbeiten.
Berücksichtigung finden dabei sowohl die persönliche und wirtschaftliche Situation des Schuldners als auch das Maß seiner Gesamtverschuldung. Insgesamt lässt sich jedoch sagen, dass Vergleichsangebote ab etwa 50 Prozent der Schuldsumme in den meisten Fällen erfolgreich sind. Liegt eine besonders hohe Verschuldung bei gleichzeitig geringem Einkommen vor, sind sogar noch höhere Erlassquoten von bis zu 80 Prozent denkbar.
Wie läuft der Vergleichsschluss ab?
Wer einen Schuldenvergleich mit seinen Gläubigern anstrebt, sollte darauf achten, sich besonders gründlich auf die Verhandlungen mit den Gläubigern vorzubereiten – nur so ist der Schuldenvergleich wirklich erfolgversprechend.
In der Regel sind dazu folgende Schritte erforderlich:
- Sämtliche Gläubiger und Forderungen erfassen
Anhand der vorliegenden Unterlagen sollte eine Aufstellung aller Gläubiger und aller offenen Forderungen gemacht werden.
Wichtig ist dabei: Es sollte nicht allein zwischen einzelnen Gläubigern, sondern auch zwischen allen Forderungen eines Gläubigers unterschieden werden. Das ist erforderlich, damit eine spätere Vereinbarung mit dem Gläubiger auch alle offenen Forderungen erfassen kann und einzelne Posten nicht unberücksichtigt bleiben.
Fehlen Unterlagen oder sind nicht alle Gläubiger bekannt, helfen Anfragen bei der Schufa, dem Schuldnerverzeichnis oder dem örtlich zuständigen Gerichtsvollzieher dabei, sich einen genauen Überblick über die Gesamtschuld zu verschaffen.
- Genaue Schuldenhöhe abfragen
Sind alle Forderungen und Gläubiger bekannt, kann die genaue Höhe aller offenen Forderungen ermittelt werden. Das ist erforderlich, da anfallende (Verzugs-)Zinsen und weitere Kosten die Hauptforderungen beeinflussen können.
Entsprechend sollte der Schuldenstand bei allen Gläubigern und zu einem bestimmten Stichtag abgefragt werden. So kann ein Überblick über die genaue Schuldenhöhe gewonnen werden.
- Rückzahlungssumme ermitteln
Ist die genaue Schuldenhöhe bekannt, kann anhand des persönlichen Einkommens und des monatlichen Lebensbedarfs die individuell tragbare Rückzahlungssumme ermittelt werden.
Diese kann sowohl aus monatlich zahlbaren Raten, einer Einmalzahlung oder einer Kombination aus beidem bestehen. Besonders wichtig ist jedoch: Es sollte eine genaue Aufstellung (ein Schuldenbereinigungsplan) erstellt werden, die Auskunft darüber gibt, welcher Schuldner monatlich welchen Betrag erhalten soll.
Wichtig ist außerdem: Es sollte eine Gleichbehandlung aller Gläubiger stattfinden. Obwohl das gesetzlich nicht vorgeschrieben ist und theoretisch auch mit jedem Gläubiger eine individuelle Vereinbarung getroffen werden kann, sind Vergleichsangebote, die alle Gläubiger gleich behandeln, dennoch erfolgversprechender.
- Vergleich mit dem Gläubiger vereinbaren
Ist die Höhe der monatlich zahlbaren Raten oder einer möglichen Einmalzahlung erst einmal ermittelt, kann das Vergleichsangebot den Gläubigern unterbreitet werden.
Es sollte dabei darauf geachtet werden, dem Gläubiger die wirtschaftliche und persönliche Situation des Schuldners genau darzustellen. Muss der Gläubiger so erkennen, dass die Chancen, die gesamte ausstehende Schuldensumme zu erhalten, aufgrund der Schuldnersituation gering sind, wird er einem Vergleichsangebot viel eher zustimmen.
Stimmt der Gläubiger dem Vergleichsangebot zu, müssen Einmalzahlungen, monatliche Ratenhöhe sowie der Restbetrag, auf welchen der Gläubiger schließlich verzichtet, vertraglich festgehalten und schriftlich dokumentiert werden.
Besonders wichtig ist es außerdem, dass sich jeder Gläubiger verpflichtet, auf die Zwangsvollstreckung nicht nur während der Rückzahlungsperiode, sondern auch nach ihrem Ablauf und bezüglich des Restbetrags zu verzichten.
Tipp: Obwohl jeder Schuldner die Aushandlung eines Schuldenvergleichs prinzipiell auch selbst übernehmen kann, ist es ratsam, eine kompetente Person zwecks Beratung und Vermittlung hinzuzuziehen. Nicht nur müssen eventuelle Verträge zur Vergleichsvereinbarung juristisch „wasserdicht“ formuliert werden. Auch zeigen sich Gläubiger gegenüber einem neutralen Verhandlungspartner oft kompromissbereiter.