Sowohl für Mieter als auch für Vermieter sind die Verjährungsbestimmungen wichtig. Weil sich die Verjährung auf die Durchsetzbarkeit einer Forderung auswirkt, sollten Sie die gesetzlichen Bestimmungen und Fristen der Verjährung kennen. Besonders bei den Nebenkostenabrechnungen kann es zu erheblichen Verspätungen kommen, sodass sich die Frage stellt, wann eine Forderung noch gültig ist und welche Fristen eingehalten werden müssen. Im folgenden Artikel erhalten Sie einen Überblick zu den Verjährungsbestimmungen im Mietrecht.
Allgemeines zur Verjährung
Die Verjährung bedeutet nicht, dass ein Anspruch (z. B. aus einer Forderung) erlischt, sondern die Durchsetzbarkeit des Anspruchs nach Ablauf einer bestimmten Frist (Verjährungsfrist) verweigert werden kann. Gemäß § 214 BGB kann ein Schuldner nach Ablauf der gesetzlichen Frist die Einrede der Verjährung einbringen, um die Leistungserbringung dauerhaft zu verweigern.
Zu bemerken ist, dass die Verjährung selbstständig eingefordert werden muss und nicht automatisch geprüft wird.
Verjährung der Nebenkostenabrechnung
Bei den Nebenkosten (die auch Betriebskosten genannt werden) handelt es sich um die laufenden Kostendie mit dem Grundstück bzw. Mietobjekt entstehen. Die Betriebskostenverordnung sieht insgesamt 17 Nebenkostenarten vor, die in der Abrechnung aufgeführt und auf den Mieter übertragen werden können.
Nebenkostenarten
- Grundsteuer
- Kosten für die Wasserversorgung
- Entstehende Kosten für die Entwässerung
- Heizkosten
- Kosten für die Warmwasserversorgung
- Kosten für verbundene Heizungs- und Warmwasserversorgungsanlagen
- Kosten für Aufzüge
- Kosten für Straßenreinigung und Müllbeseitigung
- Entstehende Kosten für Gebäudereinigung und Bekämpfung von Ungeziefer
- Kosten für Gartenpflege
- Kosten für Beleuchtung
- Laufende Kosten für Sach- und Haftpflichtversicherung
- Laufende Kosten für den Hausmeister / Hauswart
- Entstehende Kosten durch vorhande TV-Anschlüsse
- Entstehende Kosten für den Betrieb von Geräten zur Wäschepflege
- Sonstige entstehende Nebenkosten
Die Verjährungsbestimmungen der Nebenkostenabrechnung zu kennen, ist sowohl für Mieter als auch für Vermieter wichtig, denn damit hängt die Durchsetzbarkeit eines Anspruchs unmittelbar zusammen.
So kann ein Mieter mit der Einrede der Verjährung die Zahlung einer Forderung verweigern. Ein Vermieter sollte auch die Verjährungsbestimmungen kennen, um die Durchsetzbarkeit seines Anspruches nicht zu gefährden.
Gemäß § 556 BGB und der § 2 BetrKV (Betriebskostenverordnung) werden die gesetzlichen Fristen der Nebenkostenabrechnung wie folgt bestimmt:
- Abrechnungszeitraum
Das Abrechnungszeitraum beschreibt den Zeitraum, für den der Verbrauch abgerechnet wird. In der Regel wird der Verbrauch vom 01. Januar bis zum 31. Dezember abgerechnet. Jedoch sind auch individuelle Abrechnungszeiträume möglich, solange die Abrechnungsperiode genau 12 Monate beträgt. - Abrechnungsfrist
Die Abrechnungsfrist beschreibt die Frist, in der die Nebenkostenabrechnung noch geltend gemacht werden kann. Innerhalb eines Jahres nach dem Ende des Abrechnungszeitraums muss die Nebenkostenabrechnung erstellt und zugestellt werden. Verstreicht diese Frist, so kann der Mieter die Zahlung verweigern. Endet der Abrechnungszeitraum beispielsweise am 31.12.2019, so hat der Vermieter bis zum 31.12.2020 Zeit, um die Nebenkostenabrechnung zuzustellen. - Verjährung
Für die Nebenkostenabrechnung gilt gemäß § 195 BGB die Regelverjährungsfrist von drei Jahren, wenn die Abrechnungsfrist eingehalten wurde.
Gemäß § 199 Absatz 1 BGB beginnt die Verjährungsfrist von drei Jahren mit dem Ende des Jahres, in dem der Anspruch geltend gemacht wird.
Endet beispielsweise der Abrechnungszeitraum am 31.12.2010 und die Nebenkostenabrechnung wird innerhalb der Abrechnungsfrist am 22.09.2011 zugestellt, so beginnt die Verjährungsfrist am 31.12.2011. Ab dem 31.12.2011 bis zum 01.01.2015 hat der Vermieter Zeit, um seinen Anspruch geltend zu machen.
Hemmung der Verjährung
Wenn eine Verjährungsfrist gehemmt wird, dann wird die Zeit der Verjährung gestoppt, solange der Hemmungsgrund besteht. Wenn der Hemmungsgrund wegfällt, fängt die Verjährung nicht etwa von neuem an, sondern läuft ab dem Zeitpunkt weiter, an dem die Hemmung eingesetzt hat.
Die Hemmung lässt die Verjährungsfrist also nur pausieren, und nicht von neuem beginnen. In welchen Fällen ein Neubeginn der Verjährung einsetzt, lesen Sie weiter unten unter „Neubeginn der Verjährung“.
- Verhandlungen
Verhandeln beispielsweise der Vermieter und der Mieter gemäß § 203 BGB über die Rechtmäßigkeit der Nebenkostenabrechnung wird die Verjährung gehemmt. - Zustellung einer Klage
Indem der Mieter oder Vermieter eine Zivilklage einreicht, wird die Verjährungsfrist für die Dauer des Prozesses gehemmt. - Zustellung eines Mahnbescheids
Wird einem Mieter ein Mahnbescheid zugestellt, so wird die Verjährungsfrist für mindestens 6 Monate gehemmt. - Zustellung einer Streitverkündung
Die Streitverkündung ist die förmliche Benachrichtigung eines Dritten über den Vorprozess, um ihn am Rechtsstreit zu beteiligen. Versendet beispielsweise ein Energielieferant die Nebenkostenabrechnung nach Ablauf der Abrechnungsfrist, so kann er in den Rechtsstreit zwischen Mieter und Vermieter eingebunden werden. Wie das Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 06.12.2007 klargestellt hat, ist eine Hemmung der Verjährung nur dann zulässig, wenn die Streitverkündung zulässig ist. - Zustellung eines Antrags zur Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens
Das selbstständige Beweisverfahren ist ein Antragsverfahren mit dem Ziel, die Klage vorzubereiten und den Prozess zu beschleunigen. Wenn die Sorge besteht, dass die Beweise im Laufe der Zeit unbrauchbar werden, kann man diese mithilfe eines selbständigen Beweisverfahrens sichern und dokumentieren. Erkennt zum Beispiel ein Vermieter eine Manipulation an der Ableseeinrichtung, so kann er die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens beantragen und einen Sachverständigen hinzuziehen, um die Beweise zu sichern.
Gemäß § 477 Abs.2 BGB sowie § 639 Abs.1 BGB wird die Verjährung bei einem selbstständigen Beweisverfahren so lange gehemmt, bis die abschließende gerichtliche Verfügung erfolgt ist. In der Regel endet die Hemmung mit dem Eingang des schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen. - Einreichung eines Güteantrags
Beantragt ein Mieter beispielsweise eine außergerichtlichen Einigung bei einer Gütestelle (Einigungsstelle der Landesverwaltung oder der Industrie- und Handelskammer), um einen Rechtsstreit zu schlichten, so wird gemäß §§ 209 Abs. 2, 212a BGB die Verjährung ebenfalls gehemmt. - Leistungsverweigerungsrecht
Gemäß § 205 BGB führt eine Leistungsverweigerung zur Hemmung der Verjährung. - Höhere Gewalt
Kann beispielsweise durch höhere Gewalt die Rechtsverfolgung nicht durchgeführt werden, so wird gemäß § 206 BGB die Verjährung gehemmt. - Familienverhältnis
Besteht eine Forderung aus einem Mietverhältnis zwischen Eheleuten, so wird gemäß § 207 BGB die Verjährung gehemmt, solange diese verheiratet sind. Besteht die Forderung aus einem Mietverhältnis zwischen Eltern und Kindern, ist die Verjährung gehemmt, bis das Kind das 21. Lebensjahr vollendet hat.
Weitere Informationen zur Hemmung und Neubeginn der Verjährung finden Sie in unserem Ratgeber:
Neubeginn der Verjährung
Beim Neubeginn der Verjährung wird die bereits vergangene Zeit nicht mitgerechnet und die Verjährung fängt von neuem an.
Gemäß dem Urteil des Bundesgerichtshof (BGH 08.01.2013 – VIII ZR 344/12) kann ein Neubeginn der Verjährung nur dann einsetzten werden, wenn die Verjährung schon im Gang ist.
Dabei führt sowohl eine Anerkennung des Anspruchs als auch ein Vollstreckungsverfahren zu einem Neubeginn der Verjährung..
Wenn ein Schuldner den geforderten Anspruch anerkennt, indem er Teilzahlungen, Zinszahlungen oder andere Sicherheitsleistungen tätigt, dann führt dies zu einem Neubeginn der Verjährung.
Gemäß dem Urteil des BGH (BGH 23.08.2012 – VII ZR 155/10) liegt keine Anerkennung vor, wenn im Rahmen der Gewährleistungsansprüche ein Unternehmer Mängelbeseitigungen vornimmt und dabei klarstellt, dass er dazu nicht verpflichtet ist.
Wenn ein Vollstreckungsverfahren eingeleitet wird, indem Urteile, Vollstreckungsbescheide, notarielle Schuldanerkenntnisse, vollstreckbare Vergleiche oder Ansprüche aus dem Konkursverfahren (Insolvenzverfahren) beantragt werden, dann führt dies ebenfalls zum Neubeginn der Verjährung. Erwirkt beispielsweise ein Gläubiger eine Pfändung gegen einen Schuldner, so beginnt mit der Zustellung der Pfändungsverfügung die Verjährung von neuem.
Aufhebung des Neubeginns:
Wird gemäß § 212 BGB der Vollstreckungshandlung wegen rechtlichen Mangels oder auf Antrag des Gläubigers nicht stattgegeben, so wird der Neubeginn aufgehoben.
Verwirkung der Verjährung
Wenn ein Vermieter über einen längeren Zeitraum seine Ansprüche nicht geltend macht, sodass der Mieter davon ausgehen kann, dass der Vermieter nicht auf seine Rechte besteht, kann der Anspruch auf Nachzahlung unabhängig von den Verjährungsbestimmungen verwirken.
In diesem Fall ist die Begründung des Mieters wesentlich, die einwandfrei beweisen muss, dass der Vermieter von seinem Recht abgesehen hat. Deshalb ist die Entscheidung hierbei Fallabhängig.
Verjährung von Mietschulden
Wird die Miete nicht oder nur zum Teil beglichen, entstehen Mietschulden. Für die Forderungen aus Mietschulden gilt die Regelverjährungsfrist von drei Jahren.
Die Verjährung beginnt am Ende des Jahres, in dem die Forderung gestellt worden ist. Wird beispielsweise die Forderung am 22.09.2017 zugestellt, beginnt die Verjährungsfrist am 31.12.2017, sodass der Anspruch am 01.01.2021 verjährt.
Innerhalb dieser Frist steht es dem Vermieter zu, eine Klage einzureichen. Jedoch kann der Vermieter im Regelfall bei Pflichtverletzung durch Mietschulden seinen Kündigungsrecht beanspruchen.
Besonderheit: 6-Monatsfrist
Gemäß § 548 BGB verjähren die Ersatzansprüche und das Wegnahmerecht des Vermieters 6 Monate nachdem das Mietverhältnis beendet worden ist.
Das heißt, der Vermieter hat 6 Monate Zeit seine Ansprüche auf Erstattung wegen unrechtmäßiger Veränderung oder Verschlechterung geltend zu machen. Nach Ablauf von 6 Monaten ab der Beendigung des Mietverhältnis verjähren auch die Erstattungsansprüche des Mieters.
Zusammenfassung
- Die Verjährungsfrist für Ansprüche aus der Nebenkostenabrechnung beträgt drei Jahre gemäß § 195 BGB und gilt für Vermieter und Mieter gleichermaßen.
- Die Verjährung beginnt am Ende des Jahres, in dem die Forderung gestellt worden ist.
- Die Verjährung muss eigenständig eingebracht werden, um rechtlich relevant zu sein.
- Die Verjährungsfrist kann gemäß § 203 BGB gehemmt werden.
- Unabhängig von der Verjährung kann ein Anspruch verwirken, wenn der Gläubiger diesen über lange Zeit hinweg nicht geltend gemacht hat, sodass der Schuldner davon ausgehen musste, dass auch in Zukunft der Anspruch nicht mehr geltend gemacht wird.