Die Verjährung von bestehenden Ansprüchen spielt nicht nur im deutschen Zivilrecht eine Rolle. Auch wirtschaftlich ist sie ein bedeutender Faktor. Schließlich verlieren aufgrund der Verjährung jedes Jahr viele Zahlungsansprüche ihre Durchsetzbarkeit und damit faktisch ihren Wert. Nach welchen Regeln zivilrechtliche Ansprüche verjähren und wie Verjährungshemmung oder der Neubeginn der Verjährung vor dem Verlust von Ansprüchen schützen können, erklären wir hier.
Was genau bedeutet Verjährung und welche Folgen hat sie?
Im deutschen Rechtssystem sind für sämtliche Ansprüche Verjährungsfristen vorgesehen. Das bedeutet: Jeder Zahlungs-, Gewährleistungs-, Liefer- oder Schadensersatzanspruch ist quasi befristet. Zwar kann der Anspruch unbegrenzt lange Zeit bestehen. Nach Ablauf der vorgesehenen Verjährungsfrist ist er vor einem Gericht aber unter Umständen nicht mehr durchsetzbar und damit wertlos.
Grundvoraussetzung für den Wegfall der Durchsetzbarkeit ist neben dem Verjährungseintritt aber auch das passende Verhalten des Schuldners. Er muss sich ausdrücklich auf den Verjährungseintritt berufen. Tut er das, kann der Anspruch gegen ihn gerichtlich nicht mehr durchgesetzt werden.
Hieraus ergibt sich: Zwar möchte das deutsche Recht vermeiden, dass der Gläubiger einen bestehenden Anspruch unbegrenzt lange vor Gericht durchsetzen kann. Andererseits soll aber auch dem Schuldner die Wahl gelassen werden. Er kann einen verjährten Anspruch darum durchaus noch erfüllen. Tut er dies, kann er seine Leistung später nicht mehr zurückverlangen.
Wann verjährt ein Anspruch?
Nach welcher Zeit die Verjährung eines Anspruchs eintritt, ist immer von mehreren Faktoren abhängig. Zum einen kommt es darauf an, um welche Anspruchsart es sich handelt. Hiernach richtet sich die konkrete Verjährungsdauer. Zum anderen ist aber auch wichtig, zu welchem Zeitpunkt der Anspruch entstanden ist. Hiernach richtet sich der Zeitpunkt des Verjährungsbeginns.
Darüber hinaus kommt es außerdem darauf an, ob bestimmte Umstände den Verjährungsablauf hemmen, die Verjährungsfrist verlängern bzw. sie von Neuem beginnen lassen.
Wie schon gesehen hängt die Verjährungsdauer prinzipiell davon ab, um welche Anspruchsart es sich handelt. Je nachdem, was der konkrete Grund für das Entstehen des Anspruchs war, kann die Verjährungsdauer also variieren.
Obwohl das deutsche Recht grundsätzlich verschieden lange Verjährungsfristen kennt, gilt für die meisten Anspruchsarten aber dennoch eine regelmäßige Verjährungsfrist. Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt 3 Jahre und ist in den §§ 195, 199 BGB geregelt.
Sie beginnt stets am Ende des Jahres zu laufen, in welchem der betreffende Anspruch entstanden ist. Sie endet 3 Jahre später am 31.12.
Besondere Verjährungsfristen gelten für spezielle Ansprüche
Für die allermeisten Ansprüche gilt die 3-jährige, regelmäßige Verjährungsfrist der §§ 195, 199 BGB. Allerdings gibt es auch einige, im täglichen Leben relevante Ansprüche, für die besonderen Verjährungsfristen vorgesehen sind.
- Titulierte Ansprüche oder gleichgestellte Ansprüche (z.B. durch Urteile festgestellte Ansprüche, Ansprüche aus vollstreckbaren Vergleichen) verjähren gemäß § 197 BGB erst nach 30 Jahren.
- Gewährleistungsansprüche aus Kaufverträgen stehen einem Käufer zu, wenn sich eine gekaufte Sache als mangelhaft erweist. In diesem Fall kann der Käufer in erster Linie Reparatur oder Neulieferung vom Verkäufer verlangen. Gemäß § 438 I Nr. 3 BGB verjähren die Gewährleistungsansprüche innerhalb von 2 Jahren ab Übergabe der Kaufsache.
- Gewährleistungsansprüche beim Kauf von Bauwerken (bzw. Gewährleistungsansprüche für Gegenständen, die für Bauwerke verwendet wurden) verjähren gemäß § 634a I Nr. 2. BGB innerhalb von 5 Jahren.
Welche Auswirkungen hat die Verjährungshemmung und wann tritt sie ein?
Wie schon gesehen, beginnt die Verjährungsfrist am 31.12. des Jahres zu laufen, in welchem der betreffende Anspruch entstanden ist. Nach Ablauf der Verjährungsfrist kann sich der Schuldner auf den Verjährungseintritt berufen und muss den Anspruch nicht mehr erfüllen.
Damit der Schuldner jedoch nicht einfach abwarten und auf den Verjährungseintritt hoffen kann, um von seiner Leistungspflicht frei zu werden, gibt es verschiedene Möglichkeiten, um die Verjährung zu hemmen.
Wird die Verjährung gehemmt, läuft die Verjährungsfrist für den Hemmungszeitraum nicht weiter. Das Ende der Verjährungsfrist wird also aufgeschoben und die Frist verlängert sich faktisch. Nach Ablauf des Hemmungszeitraums läuft die Frist dann weiter, ohne dass der Hemmungszeitraum mit einberechnet werden würde.
Die Hemmung der Verjährung kann aus verschiedenen Gründen eintreten.
- Klageerhebung durch den Gläubiger
- Zustellung eines Mahnbescheids auf Veranlassung des Gläubigers
- Ernsthafte Verhandlungen der Vertragsparteien bezüglich des Anspruchs
- Vereinbarung eines Leistungsverweigerungsrechts
Von Bedeutung sind dabei insbesondere die genannten Rechtsverfolgungsmaßnahmen (Klageerhebung, Mahnbescheid) des Gläubigers. Durch diese Maßnahmen hat der Gläubiger nämlich die Möglichkeit, den Verjährungseintritt zu verhindern und seine Forderung recht kurzfristig „zu retten“.
Ergreift er eine der Rechtsverfolgungsmaßnahmen, wird die Verjährung gehemmt. Die Hemmung endet gemäß § 204 II BGB sechs Monate nach der letzten Verfahrenshandlung. Erst dann läuft die Verjährung regulär weiter.
Neubeginn der Verjährungsfrist nach Hemmung
In einigen Fällen kann es vorkommen, dass die Verjährungsfrist nach einer Unterbrechung nicht regulär weiterläuft, sondern von Neuem in voller Länge zu laufen beginnt. Gemäß § 212 BGB kommt es zu einem Neubeginn der Verjährung, wenn
- der Schuldner den Anspruch des Gläubigers – etwa durch Abschlagszahlung oder auf andere Weise – anerkannt hat oder
- eine behördliche oder gerichtliche Vollstreckungshandlung beantragt oder vorgenommen worden ist.
In diesen Fällen beginnt die Verjährungsfrist erneut und in voller Länge (üblicherweise 3 Jahre) zu laufen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Vollstreckungshandlung aufgehoben bzw. dem Vollstreckungsantrag nicht stattgegeben worden ist.