Die Begriffe „Widerruf“ und „Widerspruch“ klingen nicht nur in den Ohren des juristischen Laien ähnlich. Wohl nicht zuletzt darum wird oft angenommen, dass die Rechtsbegriffe auch die gleiche Bedeutung hätten. In Wirklichkeit ist das jedoch nicht der Fall.
Mehr noch: In bestimmten Fällen kann die Unterscheidung zwischen Widerruf und Widerspruch besonders wichtig sein. Verwechslungen und die Verwendung des falschen Rechtsbegriffs können in Einzelfällen sogar höchst unangenehme Folgen haben.
In welcher Situation genau zwischen Widerruf und Widerspruch unterschieden werden sollte und wo die eigentlichen Unterschiede der beiden Rechtsakte liegen, zeigen wir hier.
Der Widerspruch und seine Bedeutung
Bereits aus der Umgangssprache ist der Begriff des Widerspruchs bekannt. Gemeint wird damit üblicherweise eine Gegenrede oder der Umstand, dass etwas nur unterc Protest (und eben nicht widerspruchslos) hingenommen wird.
Ganz ähnlich sieht es auch in der juristischen Fachsprache mit dem Begriff des Widerspruchs aus. Schließlich wird unter Juristen mit „Widerspruch“ ein förmlicher Rechtsbehelf gemeint, mit dem sich der Bürger gegen behördliches Handeln oder gerichtliche Entscheidungen wehren kann.
Aber auch im Zivilrecht – also wenn es um die Rechtsbeziehungen zwischen Privatpersonen oder Privatpersonen und Unternehmern geht – kann der Begriff des Widerspruchs von Bedeutung sein.
Widerspruch gegen angebliche geschlossene Verträge
Gelegentlich kann es vorkommen, dass sich zwei Parteien über das Vorhandensein bzw. das Zustandekommen eines Vertrages nicht einig sind. Das kann zum einen dann der Fall sein, wenn keine Einigung über bestimmte Vertragsbestandteile erzielt wurde. Zum anderen kommen solche angeblichen Vertragsschlüsse aber auch immer wieder im Zusammenhang mit (unseriösen) Online- oder Telefonmarketing-Methoden vor.
Gemeinsam haben beide Situationen jedoch, dass von einer vermeintlichen Vertragspartei beispielsweise die Herausgabe einer Sache oder die Zahlung eines Geldbetrages gefordert wird, während sich der vermeintliche Käufer oder Besteller sicher ist, eine vertragliche Bindung gar nicht eingegangen zu sein.
Generell gilt in einer solchen Situation:
Wer tatsächlich keine vertragliche Bindung eingegangen ist, braucht auf eine rechtsgrundlose Forderung auch nicht zu reagieren. Eine Rechtspflicht, sich gegen unberechtigte Forderung zu wehren, besteht prinzipiell nämlich nicht. Kommt es jedoch zu einem Rechtsstreit und besteht der andere Teil auf den angeblichen Vertragsschluss sowie die sich daraus ergebenden Verpflichtung, kann es vorteilhaft sein, sich unverzüglich um Klärung der Situation bemüht zu haben.
Problematisch ist hierbei jedoch:
Liegt zwischen zwei Parteien tatsächlich gar kein Vertrag vor, kann entsprechend auch weder ein Kündigungs- noch ein Widerrufsrecht bestehen. Erklärt die Partei, die das Vorhandensein eines Vertrages bestreitet, dennoch die Kündigung oder den Widerruf des Vertrags, kann das im Falle eines eventuellen Rechtsstreits nachteilig sein. Im schlechtesten Falle kann die Erklärung des Widerrufs oder der Kündigung nämlich dahingehend gewertet werden, dass ein Vertragsschluss eben doch vorlag.
In der Praxis bedeutet das:
Wer der Meinung ist, gar keinen Vertrag geschlossen zu haben, sollte sich keinesfalls auf ein Recht berufen, das sich nur im Falle des Vertragsschlusses ergeben kann (z.B. Kündigung oder Widerruf). Besser ist es, dem angeblichen Vertragsschluss zu widersprechen.
Inhalt einer Widerspruchserklärung
Eine Widerspruchserklärung kann dann beispielsweise so aussehen: „Sehr geehrte Damen und Herren, ich widerspreche hiermit Ihrer Behauptung, einen Vertrag mit Ihnen geschlossen zu haben. Insbesondere widerspreche ich auch der von Ihnen behaupteten Zahlungs-/Übereignungs-/Herausgabepflicht.“
Widerspruch gegen eine falsch Rechnung
Obwohl es, wie schon erwähnt, kein gesetzlich festgelegtes Widerspruchsrecht gegen einen Vertragsschluss gibt, kann ein Widerspruch in bestimmten Fällen dennoch sinnvoll sein.
Ähnlich sieht es auch bei falschen oder überhöhten Rechnungen aus. Obwohl auch hier Widerspruchsrechte oder -fristen gesetzlich nicht vorgesehen sind, kann das Monieren der fehlerhaften Rechnung aus verschiedenen Gründen Sinn ergeben:
- Zum einen kann das Zahlen auf eine zu hohe Rechnung als Annahme eines Angebots auf Vertragsänderung (mit einem höheren Preis) gewertet werden. Um das zu vermeiden, ist es wichtig, den zu hohen Betrag nicht zu überweisen und den Rechnungssteller mittels Widerspruchs darauf hinzuweisen, dass bestimmte Rechnungspositionen als zu hoch erachtet werden.
- Durch das Einlegen des Widerspruchs gegen die als zu hoch erachtete Rechnung gilt diese außerdem als sogenannte „bestrittene Forderung“. Üblicherweise werden solche bestrittenen Forderungen nicht ohne weiteres an einen Inkassodienstleister weitergeleitet – das kann dem Rechnungsadressaten Zusatzkosten ersparen. Auch darf eine Meldung der bestrittenen Forderung an die Schufa und andere Auskunfteien nicht stattfinden, sodass sich hier erst einmal keine negativen Konsequenzen für den Adressaten ergeben können.
Der Widerruf als Gestaltungsrecht
Anders als beim Widerspruch gegen einen angeblich geschlossenen Vertrag oder eine zu hohe Rechnung, geht es beim Widerruf von Vertragsverhältnissen nicht darum, deren Zustandekommen zu bestreiten. Vielmehr wird das Bestehen des Vertragsverhältnisses anerkannt, durch die Ausübung des Widerrufs möchte sich eine Vertragspartei jedoch einseitig wieder davon lösen.
Prinzipiell gilt jedoch für alle einmal geschlossenen Verträge der Grundsatz „pacta sunt servanda“. Hiernach sind einmal geschlossene Verträge beidseitig zu erfüllt und damit binden. Die Möglichkeit, einen Vertrag ohne weiteres rückgängig zu machen, soll grundsätzlich nicht bestehen.
Anders als der Widerspruch, der zwar prinzipiell nur als förmlicher Rechtsbehelf existiert, in den oben genannten Fällen aber auch formlos erfolgen kann, bestehen Widerrufsrechte nur dann, wenn sie gesetzlich ausdrücklich vorgesehen sind. In allen anderen Fällen kann eine Widerrufserklärung keinerlei Wirkung entfalten.
Widerruf von Verbraucherverträgen
Nicht bei allen Verträgen, an deren Abschluss ein Verbraucher beteiligt ist, besteht auch ein Widerrufsrecht. Allerdings gibt es einige besondere Konstellationen, in welchen der Widerruf als eine Art besondere Kündigungsform gesetzlich ausdrücklich vorgesehen ist.
Zweck des Widerrufsrechts ist es in diesen Fällen, dem Verbraucher auch nach Vertragsschluss noch eine bestimmte Bedenkzeit einzuräumen. Innerhalb dieser Bedenkzeit, der Widerrufsfrist, ist es dem Verbraucher möglich, seine Meinung zu ändern und sich ohne Angabe von Gründen vom Vertragsschluss zu lösen.
Ein Verbraucher-Widerrufsrecht existiert insbesondere bei:
- Fernabsatzverträgen – also z.B. bei telefonisch oder online geschlossenen Verträgen
- Verbraucherdarlehnsverträgen im Sinne des § 491 BGB
- Haustürgeschäften im Sinne des § 312 BGB
In diesen Fällen soll sichergestellt werden, dass der Verbraucher bei Vertragsschluss nicht überrumpelt wird und außerdem die Möglichkeit erhält, erhaltene Waren zu begutachten, bevor er endgültig an den Vertragsschluss gebunden ist.
Ausübung des Verbraucherwiderrufsrechts
Ist z.B. in den oben genannten Fällen ein Widerrufsrecht gesetzlich ausdrücklich vorgesehen, kann sich der Verbraucher innerhalb der vorgegebenen 14-tägigen Frist einseitig von dem mit einem Unternehmer geschlossenen Vertrag lösen. Gründe für den Widerruf müssen nicht angegeben werden. Allerdings ist der Widerruf ausdrücklich zu erklären.
Ausreichend ist es dabei, den Widerruf schriftlich per Mail oder Post gegenüber dem Unternehmer zu erklären. Oft wird hierfür ein Widerrufsformular zur Verfügung gestellt. Ist das nicht der Fall, reicht jedoch ein formloses Anschreiben, aus welchem sich die Entscheidung, den Vertrag zu wiederrufen, eindeutig ergibt.
Eine Widerrufserklärung kann beispielsweise so aussehen:
„Sehr geehrte Damen und Herren, ich nehme Bezug auf meine Bestellung/den Vertragsschluss vom (Datum) und erkläre hiermit, dass ich fristgemäß von meinem Widerrufsrecht Gebrauch machen möchte. Mit freundlichen Grüßen“