Ein EuGH-Urteil löst jede Menge Aufsehen unter Online-Händlern aus: Bieten sie das Lastschriftverfahren als Zahlungsoption an, müssen sie auch Kunden, die ihr Konto im Ausland führen, ermöglichen, die Zahlungsart zu nutzen. Für den Laien klingt das erst einmal wenig aufregend – für Händler hingegen ist die Entscheidung mit hohen Kosten verbunden. Könnte das Gerichtsurteil darum vielleicht sogar das Aus für SEPA-Lastschriften bedeuten?
Die Lastschriften: Für Kunden praktisch, für Händler kompliziert
Das Bezahlen per Lastschrift gehört unter deutschen Verbrauchern zu den beliebtesten Zahlungsarten. Das hängt zum einen damit zusammen, dass sich die Zahlungsart in vielen Online-Shops einfach und schnell nutzen lässt. Zum anderen ist sie für den Verbraucher außerdem auch besonders sicher:
Fehlerhafte Buchungen zurückbuchen
Sollte es einmal zu einer fehlerhaften Abbuchung kommen, hat der Verbraucher 8 Wochen lang die Möglichkeit, die Abbuchungen durch seine Bank rückgängig machen zu lassen. Handelt es sich außerdem um eine Kontobelastung, die der Kontoinhaber zuvor gar nicht genehmigt hatte, kann er sogar ganze 13 Monate lang eine Rückerstattung erwirken.
Für den Verbraucher ist das sicher und praktisch – für Händler hingegen bringen diese Regelungen auch Schwierigkeiten mit sich. Schließlich müssen sie, bieten sie Lastschriftzahlungen als Zahlungsoption an, bereits im Vorfeld einschätzen, wie es um die Zahlungsbereitschaft ihrer Kunden bestellt ist. Ist das Konto des Kunden gedeckt oder besteht die Gefahr einer Rückbelastung? Oder besteht vielleicht sogar die Gefahr, dass der Kunde die Abbuchung des Kaufpreises nach Warenerhalt einfach grundlos durch seine Bank rückgängig machen lässt?
Um genau diese Fragen beantworten und die Zahlungsbereitschaft des Kunden einschätzen zu können, holen Händler vor Bewilligung Zahlungsoption „Lastschrift“ üblicherweise eine Bonitätsauskunft bezüglich ihres Kunden ein. So können sie seine Zahlungsbereitschaft bereits vor Vertragsschluss besser einschätzen.
Bei Kunden mit deutschem Bankkonto ist die Bonitätsauskunft kein Problem. Wird das Konto des Kunden jedoch in einem anderen EU-Land geführt, gestaltet sich die Abfrage oft komplizierter.
EuGH-Urteil verteuert das Lastschriftverfahren für Händler
Wie schon gesehen, ist das Lastschriftverfahren als Zahlungsmethode gerade für Onlinehändler nicht ganz risikofrei. Durch das Einholen einer Bonitätsauskunft zum jeweiligen Kunden lässt sich das Risiko eines Zahlungsausfalls für den Händler jedoch reduzieren – das gilt zumindest dann, wenn der Kunde sein Bankkonto in Deutschland führt.
Führt der Kunde sein Konto hingegen in einem anderen Land, ist das Einholen der Bonitätsauskunft schwieriger, mit höheren Kosten verbunden oder teilweise gar nicht möglich. Genau aus diesem Grund haben sich einige Händler dazu entschieden, Kunden, die über kein deutsches Girokonto verfügen, die Nutzung des Lastschriftverfahrens in ihren Shops nicht zu gestatten.
Allerdings gestattet der EuGH mit seinem Urteil vom September 2019 genau dieses Vorgehen nicht mehr. So urteilte das Gericht nämlich, dass, wird das Lastschriftverfahren als Zahlungsart angeboten, seine Nutzung auch Kunden mit in einem anderen EU-Staat geführtem Girokonto möglich sein muss. Eine Entscheidung, die mit Zusatzkosten und Risiken für Onlinehändler verbunden ist.
Droht jetzt die Lastschrift-Abschaffung und welche Alternativen gibt es?
Grund für die Entscheidung des EuGH war die Klage eines österreichischen Verbraucherschutzvereins. Dieser hatte ursprünglich gegen die Deutsche Bahn geklagt. Grund dafür: Die Bahn bot Verbrauchern mit Wohnsitz außerhalb Deutschlands Lastschriften als Zahlungsart für ihre Käufe nicht an. Nach Auffassung des Verbraucherschutzvereins kommt das einer Vorschrift der Bahn an ihre Kunden, in welchem Land diese ihr Konto zu führen haben, gleich.
Dieser Argumentation schloss sich der EuGH teilweise an und entschied, dass – sofern Lastschriften als Zahlungsart angeboten werden – es keinen Unterschied machen dürfe, in welchem Land der Kunde sein Konto führe. Wie schon gesehen, kann gerade diese Entscheidung zukünftig jedoch Extrakosten und Mehraufwand für Händler mit sich bringen. Doch bedeutet das auch, dass Händler zukünftig vielleicht gar keine Zahlungen per Lastschrift mehr anbieten, um Zusatzkosten zu vermeiden?
Die Konsequenzen des Urteils
Prinzipiell haben Händler aufgrund des EuGH-Urteils zwei Möglichkeiten: Entweder bieten sie das Lastschriftverfahren allen Kunden an, oder sie verzichten komplett auf diese Zahlungsart. Da das Zahlen per Lastschrift in vielen anderen EU-Ländern jedoch weitaus weniger beliebt ist als in Deutschland, ist durch das Anbieten der Zahlungsart eher nicht mit einer extremen Kostenbelastung für die Händler zu rechnen. Dennoch ist allerdings zu befürchten, dass einige Händler aufgrund der Entscheidung des EuGH ganz auf das Lastschriftverfahren als Zahlungsart verzichten könnten.
Nichtsdestotrotz kommt der Verzicht einzelner aber sicherlich keiner Abschaffung der SEPA-Lastschrift gleich. Darüber hinaus bleiben dem Kunden weiterhin „indirekte“ Zahlungen von seinem Bankkonto (beispielsweise über PayPal oder per Kreditkarte) weiterhin auch bei solchen Händlern möglich, die sich gegen das Lastschriftverfahren entscheiden.