Die Fragen, wer weiterhin auf das Gemeinschaftskonto zugreifen kann und wem das Guthaben zusteht, können im Erbfall nicht immer sofort eindeutig beantwortet werden. Besonders beim gemeinschaftlichen Oder-Konto müssen Erbberechtigte einiges beachten. In diesem Artikel erklären wir daher, was bei einem Gemeinschaftskonto im Erbfall bedacht werden muss und wie hierbei der Unterschied zwischen Und- & Oder-Konten zum tragen kommt.
Das Gemeinschaftskonto im Erbfall: Was gilt es für Erben zu beachten?
Verstirbt ein Kontoinhaber eines Gemeinschaftskontos, bleibt die Verfügungsgewalt der anderen Kontoinhaber zunächst bestehen. Das gemeinsame Konto wird demnach mit dem Tod eines Mitinhabers nicht automatisch gesperrt.
Den Platz des Verstorbenen im Kontovertrag nehmen die Erben ein. Es bestehen allerdings unterschiedliche Regelungen für Und-Konten bzw. Oder-Konten, die es zu beachten gilt.
Erbberechtigte sollten beachten, dass nur das anteilige Guthaben vererbt wird – nicht etwa das gesamte Guthaben des Gemeinschaftskontos. Bei zwei Kontoinhabern bedeutet dies die Hälfte des Guthabens.
Außerdem kann es eventuell einige Zeit dauern, bis der Sachverhalt geklärt ist und die Erben als Verfügungsberechtigte eingetragen sind. Dieser Umstand ist besonders für das Oder-Konto von Bedeutung.
Was sind Oder- & Und-Konten?
Bei der Eröffnung eines gemeinsamen Kontos muss man zwischen einem Oder-Konto und einem Und-Konto wählen. Während bei einem Oder-Konto jeder Kontoberechtigte eigenständig über das Guthaben verfügen kann, bedarf es bei einem Und-Konto bei jeder Transaktion die Zustimmung aller Verfügungsberechtigten des Gemeinschaftskontos.
Mehr zu Und- & Oder-Konten können Sie in unserem Ratgeber nachlesen: Und-Konto & Oder-Konto
Das Oder-Konto im Erbfall
Das Oder-Konto ist die am meisten genutzte Form des Gemeinschaftskontos. Da jeder Kontoinhaber alleine über das Konto verfügen kann, kann für Erben folgendes Problem entstehen:
Während rechtmäßige Erben auf den Kontozugriff warten, kann der verbliebene Kontoinhaber das Konto leer räumen.
Auch wenn Erben sowie der verbliebene Inhaber voll verfügungsberechtigt sind, steht ihnen jedoch nicht das gesamte Guthaben zu. Jeder kann zum Beispiel das komplette Geld abheben, dennoch steht ihm davon nur die Hälfte zu. Daher muss der verbliebene Inhaber die Summe, die ihm nicht zusteht, den Erben erstatten.
Verfügungsbefugnisse widerrufen:
Die Erbengemeinschaft ebenso wie einzelne Erben, die an die Stelle des Verstorbenen im Gemeinschaftskontovertrag rücken, können die Verfügungsberechtigung des zweiten Kontoinhabers widerrufen.
Dies gilt auch für Kontovollmachten. Wird der Bevollmächtigte von Erben abgelehnt oder hat er zuvor unrechtmäßig gehandelt, kann seine Vollmacht widerrufen werden. Dazu muss das Erbrecht nachgewiesen werden.
Es gibt eine Ausnahme, bei der der Kontoinhaber keine Ausgleichszahlungen tätigen muss. Dies ist der Fall, wenn ausdrücklich im Auftrag des Verstorbenen gehandelt wurde. Beispielsweise könnte das Geld für die Bestattungskosten verwendet werden. Erben können dann keine Rückzahlungen fordern.
Tipp: Vollmachten einholen
Vollmachten stellen sicher, dass man für bestimmte Zwecke auf das Gemeinschaftskonto zugreifen kann. Auch für den Fall, dass ein Kontoinhaber verstirbt, können solche Vollmachten vereinbart werden.
Eine postmortale Vollmacht setzt nach dem Tod eines Gemeinschaftskontoinhabers ein. Durch sie kann beispielsweise die Handlungsfähigkeit des überlebenden Partners abgesichert werden. Diese Form der Vollmacht kann vom Notar ausgestellt und der Bank hinterlegt werden.
Weitere Informationen zu verschiedenen Formen von Kontovollmachten erhalten Sie in unserem Artikel zum Thema Gemeinschaftskonto versus Vollmachten.
Pflichtteilsanspruch beim Gemeinschaftskonto
Es können auch Pflichtteilsansprüche von Hinterbliebenen des Erblassers, wie beispielsweise Kindern oder Eltern, geltend gemacht werden. Das Guthaben des Gemeinschaftskontos – der Teil, der dem Verstorbenen zustand – kann hierfür herangezogen werden.
Die Höhe des Pflichtteils, der vom Gemeinschaftskonto abgeht, ist von unterschiedlichen Faktoren abhängig (Anzahl der Kinder etc.) und muss individuell berechnet werden.
Was ist ein Pflichtteilsanspruch?
Als Pflichtteil wird die Mindestbeteiligung am Erbe bezeichnet. Damit wird ein individueller Betrag mit dem Tod eines Erblassers fällig. Um pflichtteilberechtigt zu sein, muss man in einem bestimmten Verhältnis zum Verstorbenen stehen (zum Beispiel Eltern, Ehepartner, Kinder).
Der Pflichtteilsanspruch regelt dabei, wer unter den berechtigten Verwandten Vorrang hat. Damit wird die Testierfreiheit gesetzlich eingegrenzt.
Kontoumwandlung im Erbfall: Oder-Konto in Und-Konto umwandeln
Für den Fall, dass Erben an die Stelle des Verstorbenen im Vertrag eines Gemeinschaftskonto rücken, ist es sinnvoll es von einem Oder- in ein Und-Konto umzuwandeln. Auf diese Weise kann das Konto transparent verwaltet werden und es bleibt Zeit, um die Verfügungsberechtigung zu klären.
Falls zwischen den überlebenden Kontoinhabern und den Erbberechtigten kein Vertrauensverhältnis besteht, können auf diese Weise außerdem unrechtmäßige Kontozugriffe verhindert werden.
Dafür muss ein Änderungsantrag gemeinsam bei der Bank eingereicht werden. Wichtig ist, dass alle Kontoinhaber bzw. Erbberechtigten der Umwandlung durch eine Unterschrift zustimmen. Genaue Informationen zum Ablauf der Kontoumwandlung erhalten Sie bei Ihrer persönlichen Bank.
Ein Gemeinschaftskonto auflösen
Erbengemeinschaften sowie übrige Kontoinhaber können die Löschung des gemeinsamen Kontos veranlassen. Dabei bedarf es immer der Zustimmung aller Beteiligten. Besteht keine postmortale Vollmacht, ist dafür ein Erbnachweis bei der Bank einzureichen. Die Bank führt dann eine Identitätsfeststellung der Erben durch.
Sofern vorher schriftlich nichts anderes vereinbart worden ist, stehen den Verfügungsberechtigten bei der Löschung des Kontos die gleichen Anteile des Guthabens zu.
Schulden auf dem Gemeinschaftskonto:
Befinden sich Schulden auf dem aufzulösenden Gemeinschaftskonto, haften hierfür alle Verfügungsberechtigten als Gesamtschuldner. Das bedeutet, alle Mitinhaber bzw. Erben haften, unabhängig vom Ursprung der Schulden, gemeinsam. Es ist also nicht von Bedeutung, wer den Negativsaldo verursacht hat.
Fazit
- Erben nehmen im Gemeinschaftskontovertrag die Position des Verstorbenen ein
- Der andere Kontoinhaber bleibt zunächst verfügungsberechtigt
- Erben können Verfügungsberechtigungen sowie Vollmachten widerrufen
- Dem Erben und dem zweiten Kontoinhaber steht das Guthaben anteilig zu
- Unterschiedliche Regelungen bei Und- sowie Oder-Konten
- Bei Oder-Konten kann jeder Inhaber das gesamte Guthaben abheben, dann fallen jedoch ggf. Ausgleichszahlungen an
- Beim Und-Konto sind Transaktionen nur zusammen mit den Erbberechtigten möglich
- Umwandlung von Oder- in Und-Konto ist sinnvoll, um unrechtmäßige Zugriffe zu verhindern
Ich wusste gar nicht, dass es „oder“ und „und“ Konten gibt. Wir kümmern uns gerade um unsere Finanzen und möchten auch ein gemeinsames Konto. Auch zum Thema Erbrecht lassen wir uns bald beraten. Wir möchten danach unseren Ruhestand genießen.
Vielen Dank für den Beitrag über das Gemeinschaftskonto im Erbfall. Der Ehemann einer Freundin ist verstorben und sie möchte einen Fachanwalt für Erbrecht zurate ziehen, da sie ein Gemeinschaftskonto hatten und die Kinder Anspruch an Teilen des Kontos anmelden. Gut zu wissen, dass nur das anteilige Guthaben vererbt wird.
Für den Fall, dass das Konto des Erblassers noch nicht aufgelöst wurde:
Hat man als Teil einer Erbengemeinschaft Anspruch auf die Zustellung von/den Zugriff auf postmortale Kontoauszüge ohne exorbitant hohe Kosten dafür zahlen zu müssen?
Eine Bankmitarbeiter:in verlangt nun je Kontoauszug 5 €, ohne dass mir im Verlauf des vergangenen Jahres auch nur ein Kontoauszug zugesendet wurde.
Hallo,
leider konnte ich dazu nichts herausfinden, möglicherweise richten sich auch bei Erben die Gebühren für Kontoauszüge an den üblichen Bankgebühren. Da kann es schon einmal sein, dass diese recht hoch ausfallen. Ärgerlich natürlich, weil ja kein kostenloser Zugang zum Onlinebanking möglich ist. Eventuell kann Ihnen ein Anwalt weiterhelfen.
Freundliche Grüße
Carolin von Bezahlen.net
Bitte beachten Sie, dass dies keine Rechtsberatung darstellt und lediglich Ergebnis unserer eigenen Recherche ist. Wenden Sie sich für eine Rechtsauskunft an einen Fachspezialisten.