Die juristische Wendung, dass ein Geschäft bis auf Widerruf gültig sein soll, ist vielen Verbrauchern ein Begriff. Im Zivilrecht kommen solche Geschäfte jedoch nur sehr selten vor und auch ein generelles Widerrufsrecht besteht bei den allermeisten Vertragsschlüssen nicht.
Wir zeigen darum hier, welche Bedeutung die „Gültigkeit bis auf Widerruf“ im Zivilrecht hat und wann eine Widerrufsmöglichkeit bei von Verbrauchern geschlossenen Verträgen bestehen kann.
- Ein generelles Widerrufsrecht besteht auch bei von Verbrauchern geschlossenen Verträgen nicht.
- Im stationären Handel gilt grundsätzlich kein 14-tägiges Widerrufsrecht.
- Nur wenn gesetzlich vorgesehen oder individuell ausdrücklich vereinbart, können Verträge „bis auf Widerruf“ gültig sein.
- Insbesondere Bankgeschäfte sind „bis auf Widerruf“ gültig.
Rechtliche Bedeutung des Widerrufs
Rechtlich betrachtet versteht man unter dem Widerruf eine Erklärung, durch welche die Wirkungen eines früheren Akts oder Geschäfts einseitig beendet wird. Im Zivilrecht tritt der Widerruf dabei besonders oft als Gestaltungsrecht des Verbrauchers im Rahmen sogenannter Fernabsatzverträge auf.
Das bedeutet insbesondere:
Werden Waren telefonisch oder über das Internet bestellt, steht es dem Verbraucher frei, den so geschlossenen Vertrag innerhalb einer bestimmten Frist durch einseitige Erklärung gegenüber dem Unternehmer zu widerrufen und sich so vom Vertragsschluss zu lösen. Es liegt hier also allein in der Hand des Bestellers, ob er an dem geschlossenen Vertrag festhalten oder sich innerhalb einer 14-tägigen Frist lieber wieder davon lösen möchte.
Obwohl dieses praktische Widerrufsrecht für den Besteller komfortabel sein mag, ist es für seinen Vertragspartner mit Unsicherheiten verbunden. Schließlich kann sich der Verkäufer erst nach ereignislosem Ablauf der Widerrufsfrist wirklich sicher sein, dass der mit dem Käufer geschlossene Vertrag auch Bestand haben wird.
Um dieser Unsicherheit vorzubeugen sind Widerrufsrechte gesetzlich nur in wenigen Spezialfällen vorgesehen. In diesen besonderen Fällen überwiegt beispielsweise das Interesse daran, den Verbraucher zu schützen, sodass Unsicherheiten des gewerblichen Verkäufers in Kauf genommen werden müssen. Diese Fälle sind unter anderem:
- Fernabsatzverträge (§ 312c BGB): Das sind Verträge, die per Katalogbestellung, Brief, Telefon, E-Mail oder Onlineshop-Bestellung geschlossen wurden.
- Haustürgeschäfte (§ 312 b BGB): Das sind Verträge, die in der Privatwohnung oder am Arbeitsplatz geschlossen wurden.
- Teilzeit-Wohnrechteverträge (§ 481 BGB): Das sind Untermietverträge, bei denen eine Wohnung mehrmals innerhalb eines Jahres genutzt werden darf.
- Verbraucherdarlehensverträge (§491 BGB): Das sind entgeltliche Darlehnsverträge zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher.
Widerrufsrecht vs. Vertragstreuegrundsatz
Das Erfordernis, eine Vertragspartei besonders zu schützen, kommt jedoch nur in ganz bestimmten Konstellationen vor, sodass Widerrufsrechte auch nur dann bestehen, wenn sie entweder zwischen den Parteien vereinbart oder gesetzlich ausdrücklich vorgeschrieben worden sind. Ist beides nicht der Fall, gilt für alle Verträge (auch für solche, an denen Verbraucher beteiligt sind) der Grundsatz „pacta sunt servanda“.
Nach diesem rechtlichen Grundsatz, der sich im Gesetz insbesondere in den §§ 241 und 242 BGB widerspiegelt, sind Verträge grundsätzlich von beiden Seiten zu erfüllen. Nur unter strengen Voraussetzungen soll es den Vertragsparteien möglich sein, sich nachträglich von geschlossenen Verträgen zu lösen.
Obwohl oftmals angenommen, gilt die Aussage „gültig bis auf Widerruf“ darum längst nicht für alle Verträge, die von einem Verbraucher mit einem Unternehmer abgeschlossen worden sind. Ganz im Gegenteil: Grundsätzlich sind beide Vertragsparteien auch an zwischen Unternehmern und Verbrauchern geschlossene Verträge gebunden!
Allerdings gibt es einige bekannte Geschäfte, bei denen eine Gültigkeit bis auf Widerruf vorkommen kann. Hierbei handelt es sich insbesondere um solche Geschäfte, bei denen der Erklärungsempfänger nicht vor den Folgen eines plötzlichen Widerrufs geschützt werden muss.
Bankgeschäfte „bis auf Widerruf“
Obwohl bei gängigen Vertragsschlüssen eigentlich nicht vorgesehen, können insbesondere Bankgeschäfte bis auf Widerruf gültig sein. Die wohl häufigsten Fälle, in denen eine einmal abgegebene Erklärung ohne weiteres widerrufen werden kann, sind dabei die Erteilung einer Einzugsermächtigung sowie der Widerruf von Lastschriften.
Einzugsermächtigung widerrufen
Bei der Einzugsermächtigung erteilt der Kontoinhaber seinem Vertragspartner die Vollmacht, geschuldete Beträge ein- oder mehrmalig selbstständig von seinem Konto abzubuchen. Seit 2014 wird für diesen Vorgang das sogenannte SEPA-Mandat verwendet.
Entscheidet sich der Kontoinhaber nach einiger Zeit jedoch dazu, offene Rechnungen per Überweisung zu begleichen, kann er die erteilte Einzugsermächtigung jederzeit widerrufen – sie gilt also nur „bis auf Widerruf“. Hierbei müssen keinerlei Fristen beachtet werden. Allerdings muss der Widerruf schriftlich gegenüber dem Vertragspartner erklärt werden.
Mehr dazu in unserem Ratgeber: Einzugsermächtigung kündigen
Lastschrift widerrufen
Während mit der Einzugsermächtigung die Erlaubnis zur Abbuchung bestimmter Beträge von einem Konto gemeint ist, bezeichnet man die entsprechende Abbuchung als Lastschrift.
Ist der Bankkunde aber mit der Höhe eines abgebuchten Betrags nicht einverstanden, kann er den Betrag bis zu acht Wochen nach Belastung von seiner Bank zurückbuchen lassen. Ist die betreffende Lastschrift ohne gültiges Mandat (also ohne Einverständnis des Kontoinhabers) erfolgt, hat er hierfür sogar 13 Monaten lang Zeit.
Der Widerruf einer Lastschrift kann dabei unkompliziert durch schriftliche Erklärung gegenüber der Bank oder auch per Online-Banking über den „Widerruf„-Button abgewickelt werden.
„gültig bis Widerruf“ – Good till Canceled
Eine weitere Form von Aufträgen, die bis zu ihren Widerruf gültig sein sollen, sind oft Anweisungen eines Anlegers an seinen Broker. Solche Aufträge bleiben genau solange bestehen, bis sie vom Anleger zurückgenommen werden. Hierbei kann es sich sowohl um Verkaufs-, als auch um Kaufaufträge handeln. In der Finanzsprache wird für solche Aufträge oft die Bezeichnung „Good till Canceled“ oder die Abkürzung „GTC“ verwendet.